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Stromversorgung. Es kann zu fatalen Lücken kommen.

Dieser Beitrag entstammt dem Nebelspalter (www.nebelspalter.ch) vom 23. Juli 2021. Autor: Alex Reichmuth


Fadengerade sprach Magdalena Martullo-Blocher die Probleme mit der Energiewende an, in ihrem Interview vom Donnerstag mit dem «Blick». «Mit dem Ausstieg auf der Kernkraft wird uns ein Drittel des Stroms fehlen», sagte die SVP-Nationalrätin. «Wir sollen mehr mit Wärmepumpen heizen und E-Autos fahren, Zuwanderung und Digitalisierung lassen den Stromverbrauch steigen. Doch woher kommt dann der Strom?»


Auf den Hinweis, Photovoltaik könne doch die Lücke stopfen, verwies Martullo-Blocher darauf, dass diese fast nur im Sommer Strom erzeugt. «Wir brauchen den Strom aber im Winter!» Es sei unrealistisch, wenn der Bundesrat damit rechne, dass die Schweiz künftig bis zu 40 Prozent des Stroms aus Europa importieren könne. Denn die EU habe voraussichtlich selber zu wenig Elektrizität. «Dass die EU dann noch im Winter, wenn sowieso alle mehr Strom brauchen, die Schweiz beliefert, ist völlig illusorisch. Wir müssen uns selbst organisieren.»


«Falsche Hoffnungen gemacht»

Martullo-Blocher zählte im Interview auf, welche Optionen der Schweiz bleiben. «Entweder importieren wir CO2-Strom aus Europa oder bauen selber [ein Gaskraftwerk].» Zudem kämen «neue Technologien wie Geothermie, Wasserstoff, aber auch Kernkraft» wieder in Betracht. Auf den Einwand des Interviewers, das Volk habe den Ausstieg aus der Atomkraft an der Urne beschlossen, meinte die SVP-Nationalrätin: «Beim Energiegesetz versprach man dem Volk die volle Stromversorgung. Damit hat man dem Volk falsche Hoffnungen gemacht.» Bundesrätin Simonetta Sommaruga als Energieministerin müsse nun die Sicherung der künftigen Stromversorgung an die Hand nehmen.


Keine sichere Versorgung mit «Flatterstrom»

In der Tat pfeifen es inzwischen die Vögel von den Dächern: Die Schweiz wird spätestens nach dem Abstellen des letzten Atomkraftwerks zu wenig Strom haben, insbesondere im Winter. Wenn das Land nicht klimaschädigende Gaskraftwerke aufstellen will, bleibt nur der Bau eines neuen AKW. Denn mit dem «Flatterstrom» von Sonne und Wind ist keine sichere Versorgung möglich.

In diesem Frühling machte etwa die Elektrizitätskommission (ElCom) auf die Versorgungsprobleme aufmerksam, die sich abzeichnen. Und selbst das Bundesamt für Energie gesteht mittlerweile ein, dass die Energierechnung für die Zukunft nicht aufgeht. Martullo-Blochers Forderung nach einem AKW ist also die logische Konsequenz in dieser Situation.


Kleiner Kasten auf einer «Schweiz»-Seite

Viele Medien berichteten prominent über das Interview von Magdalena Martullo-Blocher. Auch der «Tages-Anzeiger» nahm heute das Thema auf - allerdings nur ganz kurz. In einem kleinen Kasten auf einer «Schweiz»-Seite ging der «Tagi» darauf ein – und übernahm dabei einen Agentur-Text. Der Titel stammte dagegen von der Redaktion: «Martullo-Blocher provoziert mit Ruf nach neuem Atomkraftwerk». Offensichtlich misst die Redaktion des «Tages-Anzeigers» der Forderung der Politikerin keine Bedeutung zu. Ansonsten würde sie diese Forderung nicht als «Provokation» bezeichnen. Wie es scheint, sind politische Schlüsse für das links-liberale Blatt nicht ernst zu nehmen, wenn sie von der SVP kommen – und seien sie noch so vernünftig.


«Viel zu früh»

Nicht viel besser kam das Interview von Martullo-Blocher beim Staatsfernsehen an. Die Befürchtung einer Stromlücke sei zwar «weit mehr als ein bürgerliches Hirngespinst», gestand SRF-Bundeshausredaktor Andy Müller in seiner Analyse ein. Aber: «Im Moment würde der Bau eines neuen Atomkraftwerkes keine Mehrheit finden im Parlament.» Die AKW-Diskussion komme darum «viel zu früh».


Viel zu früh? Die Planung und der Bau eines neuen Atomkraftwerks braucht mehrere Jahrzehnte. Die Stromlücke kommt aber – je nachdem, wie lange die bestehenden AKW noch weiterlaufen – schon 2035, spätestens aber 2045. Es ist also höchste Zeit, sich mit der Zukunft der Schweizer Stromversorgung zu beschäftigen.




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